„Ein Neurotiker ist jemand, der sich über etwas Sorgen macht, das in der Vergangenheit nicht geschehen ist. Anders als wir normalen Menschen, die sich über etwas Sorgen machen, das in Zukunft nicht geschehen wird“ (de Mello, 1992)
„Ertappt !“ denke ich mir und muss lachen.
Jetzt hat ja bereits Aristoteles festgestellt, „was lachen kann, das ist ein Mensch!“
Ja, das Lachen unterscheidet uns (auch) von den Tieren.
Wenn es mir gelingt meine Unzulänglichkeiten wahr-zu-nehmen, belastende Lebenssituationen zu relativieren und vielleicht darüber zu lachen, kann ich plötzlich eine neue Perspektive einnehmen und alles wird ein bißchen leichter.
Auch im Coaching, in Fortbildungen und in der Psychotherapie hat Humor, das (gemeinsame) Lachen einen festen und heilsamen Bestandteil:
Lachen schafft Entlastung, fördert den inneren Abstand und rückt Dimensionen zurecht“ (E. Höfner & H.U. Schachtner, 1997).
Allerdings: Ist es erlaubt über alles und immer zu lachen? Hat das Lachen Grenzen?
Lachen kann ja auch verletzen!
Lachen, das nicht meinen Vorstellung von heilsamen, befreienden und entwicklungsförderndem Lachen entspricht:
- Lachen aus Schadenfreude
- ironisch-sarkastisches Lachen
- unehrliches Lachen
- höhnisches, spöttisches Lachen
- das überlegene Lachen…. (nach O. Zsok, 1997)
So ist es für mich auch kein Humor, wenn über Ungeschicklichkeiten oder Pannen anderer gelacht wird, die immer wieder in diesen Pannenclips im TV, Internet.. zu finden sind.
Anders dagegen
- das herzliche wohlwollende Lachen
- das ausgelassene, fröhliche Lachen
- ein feines , besonnenes Lachen
- ein tastendes, achtsames Lächeln
- ein befreiendes Lachen, in der sich eine schmerzvolle Spannung löst
- ein verschmitztes Lachen, das mit einem Augenzwinkern Spaß bereitet (O. Zsok)
Lachen ist demnach nicht der Akt des Lachens an sich. Lachen ist immer auch in die Situationen, den soziale und kulturellen Kontext eingebettet und wird von der Haltung des Lachenden getragen: Ja, Humor ist eine komplexe Angelegenheit!
Ob Lachen /Humor verletzend oder heilend wirkt, ist manchmal nur durch eine schmalen Grat getrennt.
Und Humor hat nicht unbedingt etwas mit „Spaß haben“ oder Lustigkeit zu tun:
Anders als Spaß, den wir konsumieren können, ist Humor, das heilende Lachen nicht planbar, nicht konsumierbar. Humor entsteht aus der Situation, manchmal im Gespräch zwischen Menschen und manchmal steckt Kummer und Schmerzen dahinter.
Humor wird möglich durch eine Haltung, mich auch mit etwas Abstand zu betrachten, einer Fähigkeit zur Selbstdistanzierung und Gelassenheit und dem anderen wohlwollend und wertschätzend zu begegnen.
— dann kann sich die Gelegenheit ergeben, dass sich die Türe öffnet…… für ein warmherziges, befreiendes, gelassenes… Lachen
-und etwas neues kann entstehen!
– dazu braucht es eine Verbindung von Herz und Verstand! Der wahre Humor kommt aus der Mitte des Herzens und ist erst in einem zweiten Schritt eine Sache des Verstandes!
„Neben Geist und Witz setzt er vor allem ein großes Maß von Herzensgüte voraus, von Geduld, Nachsicht und Menschenliebe“ (C. Goetz, 1964)
Ich möchte hinzufügen: — sich selbst und anderen gegenüber !
Curt Goetz hat auch behauptet, dass Humor nicht lernbar ist.
Ich glaube das schon! Ich bin überzeugt, dass das jeder von uns die Fähigkeit dazu in sich trägt, aber das wir die Zutaten wie Achtsamkeit, Geduld und Menschenliebe pflegen müssen….
denn:
wahrer, feiner Humor ist eine Kunst!
Literatur:
Goetz,C. (2005). 3mal täglich. Lebensweisheiten als Rezepte. Hohenheim
Hofner E. & Schachtner H-W. (1997). Das wäre doch gelacht. Humor und
Provokation in der Therapie. Rowolt.
Mello, A.de (1992). Der springende Punkt. Wach werden und glücklich sein. Herder
Zsok O. (1997). Mut zum eigenen Lebens-Sinn. Themen des Menschseins auf
logotherapeutischer Basis. EOS- Verlag.