Umgang mit dem Chaos: Mopedfahren in Vietnam

DSC00804Mit Bildern im Kopf von Strassen voll Mopeds, Cyclos, Elektrofahrräder, PKW, kleinen und großen Bussen sowie LKWs, die sich wirr und laut hupend durch die Strassen Saigons oder anderer vietnamesischer Städte quetschten, flog ich nach Vietnam. Die Aussicht, mich – ebenfalls mit einem Moped –  in diesem Verkehr für die nächsten Wochen zurechtfinden zu müssen, erfüllte mich mit wenig Vorfreude – um nicht zu sagen, ich fühlte mich dieser Herausforderung nicht so rechtgewachsen und fürchtete ein wenig um mein Leben. Jedoch war mir von meinen Gastgebern für die Zeit meines Aufenthaltes freundlicherweise ein Moped zu Verfügung gestellt worden. Das beste Fortbewegungsmittel für kürzere Strecken…..wie mir versichert worden war. Angekommen in Saigon, war ich überwältigt vom Lärm und ich überlegte für einen kurzen Moment, ob ich ein Taxi nehmen sollte, um auf die andere Strassenseite kommen zu können. Zu unduchdringlich schien mir das Gewusel vor mir…..
Meine Gastgeber gaben mir den Schlüssel für das Moped, teilten mir mit, wo es steht. Das wars! Zunächst war ich beeindruckt von ihrem Vertrauen, dass ich ihr Moped nicht schrotten würde, aber nach und nach gewann ich den Eindruck, dass sie gar nicht in Erwägung zogen, dass es jemanden geben könnte, der Probleme damit haben könnte. Schon die Kinder, aber auch Hunde, Kühe, Hühner und Wasserbüffel arrangieren sich mit der vietnamesischen Art der Fortbewegung.
Am Strassenrand stehend, rätselte ich zunächst über die versteckten Regeln, nach denen dieses offensichtliche Chaos funktionierte. Keine Chance! Mir blieb nichts anderes übrig als einen Versuch zu wagen. Nachvollziehbare Verkehrsregeln konnte ich keine ausmachen. Manchmal wurde an Ampeln gehalten, manchmal nicht. Es gab große Kreisverkehre….Einbiegen aus kleinen Strassen – bei uns mit Vorfahrt achten oder Stoppschildern versehen – hier fuhr jeder einfach weiter. Ich klemmte mich für’s Erste hinter einen nicht allzu schnell fahrenden Mopedfahrer und schwamm in dessen Windschatten mit. Am Abend hatte ich Kopfweh und Nackenschmerzen von meiner verkrampften Fahrerei. Aber ich hatte eine Idee bekommen, wie’s funktionieren könnte……
Der Verkehr fließt. Wenn man jedoch zuviel stehen bleibt, stockt der Verkehr: also möglichst nicht stehen bleiben!
Was mich sehr beeindruckte: die Teilnehmer an diesem „Chaos“ fuhren defensiver und entspannter als ich das bei uns in Deutschland kenne. Ich hatte natürlich einige „Fehler“ gemacht und mehrere routinierte Fahrer behindert; die jedoch lachten nur, keiner regte sich auf. Das entspannte mich sehr.
Es wird irgendwie– zwar laut hupend – auf Schwächere geachtet, der Strom teilt sich und fährt links und rechts vorbei. So wurde mir auch klar, wie ich eine so befahrene Strasse als Fußgänger überqueren konnte……

 Meine Chaos- Analyse:

Inzwischen fahre ich begeistert Moped in Vietnam und habe gelernt:
1. Beurteile vermeintliches Chaos nie von außen !
2. Die Regeln ergeben sich durchs Tun, Mitfließen…
3. Das Chaos entpuppt sich von innen als durchaus sinnvoll und logisch
4. na gut, ein bißchen aufpassen  schadet nicht, manchmal wird  die Strasse ein wenig
eng….
5. ich habe mir vorgenommen mich ab und zu auf ein bisschen vermeintliches Chaos
einzulassen –

PS: ich werde das Mopedfahren in Vietnam vermissen!

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